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Pflege kostet Nerven. Und Geld.
Kategorie: Pflege finanzieren | Lesezeit 6 Min.
Paula erinnert sich noch genau daran, als der Anruf kam: „Es war der Abend meines 32. Geburtstages. Meine Schwester Sarah war extra aus Berlin gekommen. Alle Leipziger Freunde hatten sich gerade verabschiedet, wir zwei Mädels räumen auf. Zwischen Geschirr abwaschen und Rotweinflecken begutachten klingelte mein Handy – das Krankenhaus. Papa hatte einen Schlaganfall. Und von da an? War alles anders.“
Kurz waren die beiden Schwestern wie gelähmt. Dann fragt Sarah: „Und jetzt?“ „Ab ins Auto!“ Während sie die 300 Kilometer Richtung Süden fahren, gibt es nur ein Thema: Wie geht es jetzt weiter? Die Ärzte wussten noch nicht, wie schlimm es genau ist. Sie hofften einfach, dass er wieder wird – mit 72 Jahren aber alles andere als sicher. Paulas Mutter war auch nicht mehr die Jüngste, der Haushalt der beiden strengt sie jetzt schon ordentlich an. Sarah und ich? Wir lebten einfach zu weit entfernt, um uns komplett zu kümmern. Außerdem: Sarah war schwanger, mein Freund und ich dachten über ein Kind nach, und meine Beförderung zur Teamleiterin stand an.
Nach einigen Wochen Krankenhaus sieht alles erst einmal nach „Glück im Unglück“ aus. Paulas Vater geht es immer besser, die befürchteten Spätfolgen sind nicht zu erkennen. Nach einer Reha kommt der Vater wieder ins eigene Häuschen. Doch als Paula einige Monate später mit ihrer Mutter telefoniert, wird sie plötzlich hellhörig. Im Nebensatz erwähnt die Mutter, dass „Papa immer vergesslicher wird.“ Sie fragt nach – und ist geschockt. Unbemerkt haben sich Züge von Demenz bei ihrem Vater eingeschlichen, eine häufige Spätfolge bei Schlaganfällen. Noch am Wochenende fahren Sarah und sie zu den Eltern. Am Kaffeetisch dann das Eingeständnis der Mutter: „Ich kann das nicht mehr lange. Ich mache ihm immer mehr Notizen, auch für die einfachsten Sachen: Welche Medikamente er nehmen muss, wo der Rasierer liegt. Solche Dinge. Letztens hat er dann tatsächlich vergessen, den Wasserhahn zuzudrehen. Das ganze Bad stand unter Wasser!“ Spätestens jetzt ist klar, es muss sich etwas ändern. Nur: ein Heim kommt für den Vater nicht in Frage, die Mutter alleine ist überfordert – und die Schwestern können nicht immer vor Ort sein. Es braucht Unterstützung.
Die Schwestern fragen sich: Wie organisiert man denn „Pflege“? Was gibt es für Möglichkeiten? Was ist jetzt zu tun? Und – wer bezahlt das alles? So wie ihnen geht es vielen Angehörigen und Betroffenen. Denn einmal ehrlich: Wer beschäftigt sich mit diesem Thema schon gerne, solange noch alles okay ist? Und dann steckt man mittendrin. Die ersten Schritte sind:
Bis zum Termin mit dem Gutachter setzt sich die Familie mehrmals zusammen um auszurechnen, welche Kosten eigentlich auf Eltern oder Töchter zukommen. Das ist gar nicht so einfach. Denn die Möglichkeiten, gerade bei der Pflege zu Hause, sind zahlreich. Neben laufenden Kosten für beispielsweise die Miete, einen ambulanten Pflegedienst und vielleicht einer Haushaltshilfe müssen initiale Ausgaben berücksichtigt werden. Dazu gehört auch die Anschaffung bestimmter Hilfsmittel, wie z.B. die eines Rollstuhls oder eines Pflegebettes.
Paula atmet erstmal hörbar durch, als die Summe auf dem Monitor ihres Notebooks aufleuchtet: Für den Pflegedienst, eine dringend notwendige Unterstützung im Haushalt und Essen auf Rädern werden knapp 2.200 Euro zusätzlich fällig. Im Monat! Geld, das die Eltern aus den jeweiligen Renten nicht einfach so „nebenher“ bezahlen können.
Vier Wochen später: Das Gutachten liegt vor. Pflegegrad 3, das war auch das erhoffte Ergebnis. Denn so reduzieren sich die Zusatzkosten durch die von der gesetzlichen Pflegekasse übernommenen Pflegesachleistungen und das Pflegegeld (siehe Infobox) auf „nur“ noch 875 Euro. Das bekommt die Familie gemeinsam gestemmt.
Und: Die Unterstützung macht sich auch bezahlt! Paula und ihre Schwester lassen sich nochmals beraten und schaffen ein „Pflege-Umfeld“ aus einem ambulanten Pflegedienst für den Vater sowie einer Haushaltshilfe und Essen auf Rädern, um die Mutter zu entlasten. Mindestens genauso wichtig jedoch: Mit dem Anspruch auf Verhinderungspflege kann die Mutter jetzt bis zu 42 Tage im Jahr eine Auszeit nehmen – eine Ersatzperson springt in dieser Zeit ein.
An Paulas 33. Geburtstag sitzt sie mit der Schwester auf der Couch. Sarahs kleine Leonie schläft schon eine Weile, die beiden Männer fachsimpeln im Nebenraum über die neuesten Smartphones. Sie schauen sich in die Augen: „Eigentlich haben wir das schon verdammt gut gemacht!“ sagt Sarah. „Auf dich, kleine Schwester. Aber auch auf Papa. Mama. Uns. Und die Zukunft!“ Als Paula ins Bett geht, kann sie beruhigt einschlafen. Heute Abend klingelt kein Handy mehr.
Die Höhe der Leistungen der gesetzlichen Pflegekasse bemisst sich an der Einstufung in den sogenannten „Pflegegrad“: von 0 (Geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit) bis zu 5 (Schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung).
Die Art der Leistungen unterteilt sich aber in jedem Fall nach Sachleistungen und Geldleistungen :
1) Ambulante Pflegesachleistungen
Pflegesachleistungen sind keine „Dinge“, sondern Dienstleistungen, die z. B. von einem Pflegedienst erbracht werden. Mit den ambulanten Pflegesachleistungen werden demzufolge die Leistungen eines Pflegedienstes bis zu einem pflegegradabhängigen Höchstbetrag bezahlt.
2) Pflegegeld
Pflegebedürftige, die zu Hause von einer Pflegeperson (meist ein Familienangehöriger) gepflegt werden, erhalten Pflegegeld. Es dient dazu, der Pflegeperson einen finanziellen Ausgleich für ihre pflegerische Leistung zu bezahlen – beispielsweise um einen Ausgleich für entgangene Arbeitszeit zu schaffen.
3) Kombinationspflege
In der Realität sind es oft Geld- und Sachleistungen zusammen, die für eine optimale Unterstützung sorgen. Diese Kombinationspflege ist bei der Pflegekasse aufgrund der eng gefassten Bestimmungen jedoch eingeschränkt. Ein Vorteil einer privaten Pflegezusatzversicherung: Hier hat man einen gewissen Betrag zur freien Verfügung, der auf Dienstleistungen, Anschaffungen und finanziellen Ausgleich aufgeteilt werden kann.
Auf unserer Ratgeberseite "Pflege finanzieren" finden Sie mehr Informationen zu den Geld- und Sachleistungen bei einer Pflege zu Hause und viele weitere nützliche Infos rund um „Pflege und Geld“.
Paulas Beispiel zeigt: Es lohnt sich, sich rechtzeitig um eine Finanzierung der Pflege zu kümmern. Denn die gesetzliche Unterstützung hinterlässt eine große Deckungslücke. Wie können Sie diese schließen?
1) Pflegezusatzversicherung abschließen
Es gibt drei Versicherungsarten, um die finanziellen Risiken der Pflege abzusichern: die Pflegetagegeldversicherung, die Pflegekostenversicherung und die Pflegerentenversicherung. Sie haben jedoch gemeinsam, dass der zu leistende Beitrag maßgeblich vom Alter und Gesundheitszustand bei Abschluss abhängt – früh einsteigen lohnt sich also.
2) Geld anlegen
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, für die Pflege vorzusorgen. Zur Orientierung hilft es zu wissen, wie hoch Ihre Rentenansprüche ungefähr sind. Hilfreich ist auch eine Investition in eine Lebens- oder Rentenversicherung, eventuell können auch Kapitalmarktanlagen – gerade im aktuellen Zinsumfeld – eine Lösung sein.
3) Hilfe zur Pflege vom Sozialamt
Sollten Sie den Eigenanteil Ihrer Pflege nicht allein stemmen können, haben Sie ein Recht auf Sozialhilfe. Übrigens auch dann, wenn Sie keinen Anspruch auf eine gesetzliche Pflegeversicherung haben!
4) Pflegeberatung
Wenn ein Pflegefall eintritt, kann man sich schnell überfordert fühlen. Nutzen Sie Unterstützung! Neben ersten Anlaufstellen wie wie unserem Ratgeber leisten auch diverse Beratungsstellen vor Ort oder telefonisch Hilfe. Kontaktieren Sie beispielsweise die kostenfreie Pflegeberatung der gesetzlichen Pflegekassen und der privaten Versicherer.
Wenn Sie vor dieser Herausforderung stehen, unser Tipp: Kümmern Sie sich rechtzeitig um die Finanzierung. Auf unseren Ratgeberseiten finden Sie alle wichtigen Informationen zur Organisation und Finanzierung von Pflege zusammengefasst – kompakt, verständlich und sofort hilfreich.
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